Erfahrung der Wundexperten statt Pseudoevidenz
Experten rufen auf dem Interdisziplinären WundCongress nach sicherer Datenlage und Nutzenbewertung in der Wundversorgung
„Eine anerkannte Evidenzlage hinsichtlich des Nutzens einzelner Wundauflagen wäre für alle Beteiligten wünschenswert“ – mit dieser deutlichen Aufforderung an die Wissenschaft hat der renommierte Wundmediziner Prof. Dr. Knut Kröger am Vormittag den 4. Interdisziplinären WundCongress (IWC) in Köln eröffnet. Mehr als 800 Wundmanager, Pflegende und Ärzte beschäftigten sich dort heute mit einer evidenzbasierten Grundlage für modernes Wundmanagement.
Eine solche anerkannte und fundierte Grundlage für die Arbeit der Wundmanager aus Pflege und Medizin sei zwar wünschenswert, aber derzeit weder vorhanden noch zu erreichen, betonte Prof. Kröger in seinem Eröffnungsvortrag. Wegen der fehlenden Grundlagen ändere daran auch die gut gemeinte Erarbeitung von Leitlinien nichts. Die Diskussion und Auswertung der bisher vorliegenden Studien zur Wirkungsweise einzelner Wundauflagen nannte Prof. Kröger einen „Disput um Pseudoevidenz“ und sprach sich stattdessen dafür aus, in die Ausbildung und Erfahrung der Wundexperten zu vertrauen.
IWC-Initiator Prof. Dr. Volker Großkopf hatte den diesjährigen Kongress unter den Titel „Quo vadis, Wundversorgung“ gestellt und die namhaften Referenten auf die Suche nach fundierten Grundlagen für die Arbeit der Wundexperten geschickt. Neben einer S3-Leitlinie zur Lokaltherapie chronischer Wunden wurde in Köln auch der DNQP-Expertenstandard „Pflege von Menschen mit chronischen Wunden“ erläutert und diskutiert. Dabei berichteten Praktiker wie die Wundexpertin der Kölner Uniklinik Ellen Schaperdoth über Erkenntnisse und Empfehlungen aus der Arbeit in bewährten interdisziplinären Wundnetzen.
Die juristische Perspektive des wie immer interdisziplinär ausgerichteten Kongresses nahm die Notwendigkeit und die Grundlagen einer rechtssicheren Wunddokumentation in den Blick, die neben fachlichen Aspekten auch datenschutzrechtliche Problemfelder beachten und lösen muss. Nicht zuletzt die abgesicherte Übertragung der digitalen Wundakte sowie der Patientendaten zwischen den einzelnen Akteuren eines Wundnetzes gehörte zu den zentralen Themen der Gespräche am Rande des Kongresses, dem sich auch zahlreiche Unternehmen in der angeschlossenen Industrieausstellung widmeten.
In mehreren Satellitenkongressen beschäftigten sich Mediziner und Pflegeexperten zudem mit neuen Erkenntnissen zu Themen wie Thrombose, Diabetischer Fuß oder Risikoerkennung bei der Behandlung chronischer Wunden.
Der Interdisziplinäre Wundcongress 2012 wird sich am 22. November kommenden Jahres einer „Qualitätssteigerung durch Wissensvorsprung“ widmen. Weitere Informationen unter: www.wundcongress.de