Gezielter Einsatz von Silber in der Wundbehandlung

Sil­ber­hal­ti­ge Wund­ver­bän­de gel­ten als teu­er und auch ihre Evi­denz wird oft­mals ange­zwei­felt. Dabei kann Sil­ber in der Wund­be­hand­lung durch­aus sicher ange­wandt wer­den und auch zur Wirk­sam­keit gibt es neue­re Erkenntnisse.

Sil­ber­hal­ti­ge Ver­bän­de gel­ten in man­chen Ein­rich­tun­gen oder in der Mei­nung eini­ger Wund­be­hand­ler als recht teu­rer Spaß mit zwei­fel­haf­ter Wirk­sam­keit. Doch zumin­dest letz­te­res Argu­ment ist seit eini­gen Jah­ren im Schwin­den begrif­fen. „Es gibt eine lan­ge Tra­di­ti­on für den Ein­satz von Sil­ber in der Wund­be­hand­lung. Des­sen Evi­denz ist bes­ser als für ver­gleich­ba­re Wund­hei­lungs­pro­duk­te“, merk­te Joa­chim Dis­se­mond, Pro­fes­sor für Der­ma­to­lo­gie und Vene­ro­lo­gie am Uni­kli­ni­kum Essen und Vor­stands­mit­glied der Initia­ti­ve Chro­ni­sche Wun­den (ICW) e.V. beim Satel­li­ten­sym­po­si­um „Sil­ber in der Wund­be­hand­lung sicher anwen­den und ver­ord­nen“ im Rah­men des ver­gan­ge­nen Inter­dis­zi­pli­nä­ren Wund­Con­gres­ses 2018 in Köln an. So gebe es einen posi­ti­ven Trend in der For­schung, was den Nach­weis der anti­mi­kro­biel­len und anti­sep­ti­schen Wir­kung von Sil­ber betref­fe. „Seit 2010 gab es 39 kli­ni­sche Stu­di­en, ob Sil­ber­ver­bän­de eine signi­fi­kan­te Wir­kung zei­gen. Das tat es bei 28 von ihnen.“ 

„Silber sollte man gezielt und zeitlich begrenzt einsetzen“

Zu der inter­dis­zi­pli­nä­ren Podi­ums­dis­kus­si­on hat­te die Con­va­Tec (Ger­ma­ny) GmbH ein­ge­la­den – ein Her­stel­ler von Hilfs­mit­teln, der selbst Wund- und Schaum­ver­bän­de mit dem Zusatz von ioni­schem Sil­ber im Sor­ti­ment hat. Knapp 60 Zuschau­er im Saal „Jung­frau“ des benach­bar­ten Mer­cu­re-Hotels ver­folg­ten die span­nen­de zwei­stün­di­ge Ver­an­stal­tung. Kei­nes­falls sei Sil­ber aber ein Mit­tel für den sehr dau­er­haf­ten Ein­satz, warn­te Dis­se­mond – denn sonst dro­he Argy­rie, eine sel­ten auf­tre­ten­de dau­er­haf­te sil­ber­ne Ver­fär­bung von Haut­stel­len. „Sil­ber soll­te man gezielt und zeit­lich begrenzt einsetzen.“ 

Die­ser Mei­nung war auch Björn Jäger, Wund­ex­per­te und Pfle­ger in der Jus­tiz­voll­zugs­an­stalt im ems­län­di­schen Lin­gen. „Infi­zier­te und infekt­ge­fähr­de­te Wun­den sind für Sil­ber indi­ziert.“ So zeig­te er mit Fotos die erfolg­rei­che Wund­be­hand­lung eines Dro­gen­ab­hän­gi­gen, der tie­fe Wund­abs­zes­se hat­te. Ein Fall von Argy­rie sei ihm aus der Pra­xis dage­gen noch nicht begegnet. 

Björn Jäger aus dem Vor­stand der ICW.

Die Preisunterschiede sind hoch

Es bleibt also die Kos­ten­fra­ge. Wobei, wie der Fach­apo­the­ker für Kli­ni­sche Phar­ma­zie, Wer­ner Sell­mer, anmerk­te, der Sil­ber­ge­halt der Wund­ver­bän­de auf dem Markt sehr unter­schied­lich sei – er rei­che von 2,2 bis 580 mg auf 100 Qua­drat­zen­ti­me­ter. Ent­spre­chend sei­en auch die Preis­un­ter­schie­de sehr hoch. Das gro­ße Pro­blem der Ärz­te sei die Bud­ge­tie­rung der Kos­ten für die Behandlungsmittel. 

Der in Wund­krei­sen bekann­te Fach­apo­the­ker Wer­ner Sellmer.

Selbst Dr. med. Karl-Chris­ti­an Mün­ter, der als nie­der­ge­las­se­ner Haus­arzt von den im Bun­des­ver­gleich sehr groß­zü­gi­gen Bud­gets in Ham­burg pro­fi­tie­re, habe für einen Rent­ner gera­de mal 130 Euro pro Quar­tal übrig. „Man soll­te daher aktiv ent­schei­den, ob eine Sil­ber-Wei­ter­be­hand­lung sein muss.“ Dem pflich­te­te auch Sell­mer bei: „Ich ken­ne Pati­en­ten, die wer­den seit Jah­ren mit Sil­ber ver­sorgt! Aber wie oft soll ein Keim, der nicht mehr vor­han­den ist, noch sterben?“ 

Abschlie­ßen­de Dis­kus­si­ons­run­de beim Satel­li­ten­sym­po­si­um von ConvaTec.

Als Wundbehandler selbstbewusster agieren

Jedoch sol­le man sich trau­en, Rück­grat zu zei­gen, wenn der Ein­satz von Sil­ber grund­sätz­lich von den Kos­ten­trä­gern hin­ter­fragt wer­de: „Wir soll­ten als Behand­ler nicht zu wenig Selbst­be­wusst­sein haben. Not­falls stellt man die Gegen­fra­ge: Wie wür­den Sie es denn behan­deln?“ so Mün­ter. Es gel­te, sich in Ver­bän­den und Poli­tik aktiv dafür ein­zu­set­zen, dass einem die Mög­lich­kei­ten in der Wund­ver­sor­gung erhal­ten blei­ben, appel­lier­te Sell­mer. „Alles was in der Wund­ver­sor­gung einen Nut­zen bringt, wird bezahlt – aber das ist nicht in Stein gemei­ßelt. Wir soll­ten dafür ein­tre­ten, dass Mög­lich­kei­ten gewahrt bleiben.“ 

Das finan­zi­el­le Pro­blem stel­le sich für den in einer Jus­tiz­voll­zugs­an­stalt täti­gen Jäger nicht. Er unter­lie­ge kei­ner Bud­get­kon­trol­le unter­lie­ge und sei so in einer kom­for­ta­blen Situa­ti­on. „Und bei mir kön­nen die Pati­en­ten ja auch nicht ein­fach woan­ders hin gehen“, ergänz­te er schmunzelnd.