„Händedesinfektion verhindert Infektionen – unnötiges Händewaschen ist zu vermeiden“

Hygie­ne-Exper­te räumt auf dem Inter­dis­zi­pli­nä­ren Wund­Con­gress mit Ritua­len der Wund­ver­sor­gung auf.

Mit einer kla­ren Posi­ti­on hat der Prä­si­dent der Deut­schen Gesell­schaft für Kran­ken­haus­hy­gie­ne, Prof. Dr. Axel Kra­mer, den dies­jäh­ri­gen Inter­dis­zi­pli­nä­ren Wund­Con­gress in Köln eröff­net. Vor rund 800 Teil­neh­mern wider­sprach er pro­vo­ka­tiv der im Gesund­heits­we­sen gän­gi­gen Weis­heit „Hän­de müs­sen erst gewa­schen wer­den“ und warb statt­des­sen für eine ver­mehr­te Händedesinfektion.

Prof. Dr. Axel Kra­mer auf dem IWC 2010.

Die­se kön­ne die Häu­fig­keit „Health Care asso­zi­ier­ter Infek­tio­nen“ signi­fi­kant sen­ken, sag­te Prof. Kra­mer. Zu häu­fi­ges Waschen sei hin­ge­gen kon­tra­pro­duk­tiv, da es die Haut schä­digt und sie damit anfäl­lig für Krank­heits­er­re­ger macht. „Die Hän­de zu waschen ist nur erfor­der­lich bei Dienst­be­ginn, bei sicht­ba­rer Ver­schmut­zung und nach Toi­let­ten­be­nut­zung“, stell­te der Lei­ter des Insti­tuts für Hygie­ne und Umwelt­me­di­zin an der Uni­ver­si­tät Greifs­wald klar. „Die Haut­pfle­ge soll­te ent­spre­chend den all­ge­mein aner­kann­ten Regeln fol­gen, unnö­ti­ges Waschen ist zu vermeiden.“

Auch zu den unter­schied­li­chen vor­han­de­nen Mit­teln zur Wund­des­in­fek­ti­on bezog Kra­mer deut­lich Stel­lung: Jede aku­te Wun­de sei so zu behan­deln, dass sie ohne nach­fol­gen­de Wund­in­fek­ti­on „per pri­mam“ hei­le, die Her­aus­for­de­rung bei jeder chro­ni­schen Wun­de bestehe hin­ge­gen dar­in, sie in eine hei­len­de Wun­de zu über­füh­ren. „Dabei darf grund­sätz­lich nichts in eine Wun­de gege­ben wer­den, was nicht auch ins Auge gege­ben wer­den könn­te“, for­der­te Prof. Kramer.

Blick auf die Büh­ne des Sartory-Saals.

Der Wund­Con­gress-Initia­tor und Haf­tungs­recht­ler Prof. Dr. Vol­ker Groß­kopf stell­te die neu­en haf­tungs­recht­li­chen Risi­ken dar, die sich durch ein moder­nes Wund­ma­nage­ment erge­ben kön­nen. In einer direk­ten Reak­ti­on auf die­sen Vor­trag wies auch Rechts­an­walt Ste­fan Knoch aus dem Vor­stand des inter­na­tio­na­len Ver­si­che­rungs­mak­lers Asse­ku­ranz AG aus Luxem­bourg auf bestehen­de Lücken in der haf­tungs­recht­li­chen Absi­che­rung hin. Vie­le Auf­ga­ben in der Wund­ver­sor­gung, z.B. Nekro­sen­ent­fer­nung oder Kom­pres­si­ons­the­ra­pie, wür­den von den Aus­bil­dungs­ge­set­zen in der Pfle­ge nicht abge­bil­det. „In einem Scha­dens­fall kann dies zu dem Ergeb­nis füh­ren, dass die aus­ge­üb­te Tätig­keit ver­si­che­rungs­recht­lich nicht unter den Haft­pflicht­schutz fällt“, warn­te Knoch und sprach sich für spe­zia­li­sier­te Ver­si­che­rungs­lö­sun­gen für das Wund­ma­nage­ment aus.

Ent­spre­chend gro­ßes Inter­es­se brach­ten zahl­rei­che Kon­gress­teil­neh­mer einer spe­zi­ell auf das Wund­ma­nage­ment zuge­schnit­te­nen Haft­pflicht­ver­si­che­rung ent­ge­gen, die der im Gesund­heits­we­sen breit ver­an­ker­te Ver­si­che­rer HDI-Ger­ling Fir­men und Pri­vat Ver­si­che­rung AG im Umfeld des IWC vor­stell­te. Sie deckt die beson­de­ren Risi­ken einer pfle­ge­ri­schen Wund­ver­sor­gung umfas­send ab und setzt auf Feh­ler­re­duk­ti­on durch eine inten­si­ve Qua­li­täts­ent­wick­lung zur Stei­ge­rung der Patientensicherheit.

Der Inter­dis­zi­pli­nä­re Wund­Con­gress (IWC) in den Köl­ner Sar­to­ry-Sälen ist einer der größ­ten deut­schen Wund­kon­gres­se und wur­de ergänzt durch Fach­vor­trä­ge zum Span­nungs­feld zwi­schen inter­dis­zi­pli­nä­rem Dia­log und Schwei­ge­pflicht, zu Wech­sel­wir­kun­gen zwi­schen Ernäh­rung und Wund­be­hand­lung sowie zu Tech­ni­ken des Débridements.

Reger Fach­aus­tausch auf der Indus­trie­mes­se zum iWC 2010.

Neue MDI-Expertengruppe „Diabetisches Fußsyndrom“

Ange­sichts der dra­ma­ti­schen Zahl von Ampu­ta­tio­nen auf­grund eines Dia­be­tes mel­li­tus grün­de­te sich auf dem IWC auch eine neue Exper­ten­grup­pe des Medi­cal Data Insti­tuts in Starn­berg, die sich unter der Schirm­herr­schaft von Prof. Dr. Vol­ker Groß­kopf mit dem Dia­be­ti­schen Fuß­syn­drom beschäf­ti­gen wird.

Der Inter­dis­zi­pli­nä­re Wund­Con­gress 2011 wird sich am 24. Novem­ber kom­men­den Jah­res unter dem Titel „Quo vadis Wund­ver­sor­gung“ mit evi­denz­ba­sier­ten Behand­lungs­ver­fah­ren sowie der Umset­zung von medi­zi­ni­schen Leit­li­ni­en auseinandersetzen.