„Händedesinfektion verhindert Infektionen – unnötiges Händewaschen ist zu vermeiden“
Hygiene-Experte räumt auf dem Interdisziplinären WundCongress mit Ritualen der Wundversorgung auf.
Mit einer klaren Position hat der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene, Prof. Dr. Axel Kramer, den diesjährigen Interdisziplinären WundCongress in Köln eröffnet. Vor rund 800 Teilnehmern widersprach er provokativ der im Gesundheitswesen gängigen Weisheit „Hände müssen erst gewaschen werden“ und warb stattdessen für eine vermehrte Händedesinfektion.
Diese könne die Häufigkeit „Health Care assoziierter Infektionen“ signifikant senken, sagte Prof. Kramer. Zu häufiges Waschen sei hingegen kontraproduktiv, da es die Haut schädigt und sie damit anfällig für Krankheitserreger macht. „Die Hände zu waschen ist nur erforderlich bei Dienstbeginn, bei sichtbarer Verschmutzung und nach Toilettenbenutzung“, stellte der Leiter des Instituts für Hygiene und Umweltmedizin an der Universität Greifswald klar. „Die Hautpflege sollte entsprechend den allgemein anerkannten Regeln folgen, unnötiges Waschen ist zu vermeiden.“
Auch zu den unterschiedlichen vorhandenen Mitteln zur Wunddesinfektion bezog Kramer deutlich Stellung: Jede akute Wunde sei so zu behandeln, dass sie ohne nachfolgende Wundinfektion „per primam“ heile, die Herausforderung bei jeder chronischen Wunde bestehe hingegen darin, sie in eine heilende Wunde zu überführen. „Dabei darf grundsätzlich nichts in eine Wunde gegeben werden, was nicht auch ins Auge gegeben werden könnte“, forderte Prof. Kramer.
Der WundCongress-Initiator und Haftungsrechtler Prof. Dr. Volker Großkopf stellte die neuen haftungsrechtlichen Risiken dar, die sich durch ein modernes Wundmanagement ergeben können. In einer direkten Reaktion auf diesen Vortrag wies auch Rechtsanwalt Stefan Knoch aus dem Vorstand des internationalen Versicherungsmaklers Assekuranz AG aus Luxembourg auf bestehende Lücken in der haftungsrechtlichen Absicherung hin. Viele Aufgaben in der Wundversorgung, z.B. Nekrosenentfernung oder Kompressionstherapie, würden von den Ausbildungsgesetzen in der Pflege nicht abgebildet. „In einem Schadensfall kann dies zu dem Ergebnis führen, dass die ausgeübte Tätigkeit versicherungsrechtlich nicht unter den Haftpflichtschutz fällt“, warnte Knoch und sprach sich für spezialisierte Versicherungslösungen für das Wundmanagement aus.
Entsprechend großes Interesse brachten zahlreiche Kongressteilnehmer einer speziell auf das Wundmanagement zugeschnittenen Haftpflichtversicherung entgegen, die der im Gesundheitswesen breit verankerte Versicherer HDI-Gerling Firmen und Privat Versicherung AG im Umfeld des IWC vorstellte. Sie deckt die besonderen Risiken einer pflegerischen Wundversorgung umfassend ab und setzt auf Fehlerreduktion durch eine intensive Qualitätsentwicklung zur Steigerung der Patientensicherheit.
Der Interdisziplinäre WundCongress (IWC) in den Kölner Sartory-Sälen ist einer der größten deutschen Wundkongresse und wurde ergänzt durch Fachvorträge zum Spannungsfeld zwischen interdisziplinärem Dialog und Schweigepflicht, zu Wechselwirkungen zwischen Ernährung und Wundbehandlung sowie zu Techniken des Débridements.
Neue MDI-Expertengruppe „Diabetisches Fußsyndrom“
Angesichts der dramatischen Zahl von Amputationen aufgrund eines Diabetes mellitus gründete sich auf dem IWC auch eine neue Expertengruppe des Medical Data Instituts in Starnberg, die sich unter der Schirmherrschaft von Prof. Dr. Volker Großkopf mit dem Diabetischen Fußsyndrom beschäftigen wird.
Der Interdisziplinäre WundCongress 2011 wird sich am 24. November kommenden Jahres unter dem Titel „Quo vadis Wundversorgung“ mit evidenzbasierten Behandlungsverfahren sowie der Umsetzung von medizinischen Leitlinien auseinandersetzen.