Probleme bei der Wundbehandlung: Eine infektgefährdete Wunde erkennen und richtig behandeln

Eine Wun­de als infekt­ge­fähr­det bzw. infi­ziert zu iden­ti­fi­zie­ren, ist maß­geb­lich für die Wahl der rich­ti­gen Wund­the­ra­pie. Wund­ex­per­ten wis­sen aller­dings, dass eine Beur­tei­lung der Wund­si­tua­ti­on nach objek­ti­ven Kri­te­ri­en nicht immer leicht ist. Der soge­nann­te W.A.R. Score schafft Abhilfe.

Wie erkennt man eine infekt­ge­fähr­de­te bzw. infi­zier­te Wun­de, wel­chen Her­aus­for­de­run­gen stellt sich eine ambu­lan­te Wund­ver­sor­ge­rin in ihrem All­tag und ist es mög­lich, Men­schen mit chro­ni­schen Wun­den ein Stück Lebens­qua­li­tät zurück­zu­ge­ben? Span­nen­den Vor­trä­gen rund um die­se Fra­gen durf­ten Teil­neh­mer des ver­gan­ge­nen Inter­dis­zi­pli­nä­ren Wund­Con­gres­ses (IWC) 2018 in dem Sym­po­si­um des Medi­zin­pro­dukte­her­stel­lers Loh­mann & Rauscher (L&R) mit dem pro­gram­ma­ti­schen Titel „Aus der Pra­xis für die Pra­xis – es geht wei­ter“ lauschen.

Nicht umsonst war der Vor­trags­raum bis auf den letz­ten Stuhl besetzt, denn die Teil­neh­mer wis­sen um die Pro­ble­ma­ti­ken, die sich bei der Behand­lung von chro­ni­schen Wun­den und der Ent­schei­dung für die rich­ti­ge Wund­the­ra­pie erge­ben. Eine grund­le­gen­de Fra­ge, die sich dabei stellt: Ist die Wun­de infekt­ge­fähr­det bzw. infi­ziert? Häu­fig ist zu schnell eine Anti­bio­ti­ka­the­ra­pie ers­tes Mit­tel der Wahl bei ver­meint­lich infekt­ge­fähr­de­ten Wun­den. Zwar gibt es dabei nicht immer ein „schwarz oder weiß“, den­noch ist eine dif­fe­ren­zier­te Ana­ly­se von Wun­den und Risi­ko­wun­den durch­aus möglich.

Abhilfe durch den W.A.R. Score

Wie man eine infekt­ge­fähr­de­te bzw. infi­zier­te Wun­de erkennt, hat des­halb Prof. Dr. Joa­chim Dis­se­mond, Pro­fes­sor für Der­ma­to­lo­gie und Vene­ro­lo­gie am Uni­kli­ni­kum Essen und Vor­stands­mit­glied der Initia­ti­ve Chro­ni­sche Wun­den (ICW) e.V., den Teil­neh­mern des Satel­li­ten-Sym­po­si­ums näher gebracht. Er hat ihnen dazu den soge­nann­ten W.A.R. Score an die Hand gege­ben. Um eine Wun­de als „W.A.R.“ (Wound At Risk), also als infekt­ge­fähr­det ein­zu­stu­fen, fehl­te es an objek­ti­ven Kri­te­ri­en. Der Score ver­steht sich als pra­xis­ori­en­tier­te Exper­ten­emp­feh­lung und soll hel­fen, eine sol­che Wun­de zu iden­ti­fi­zie­ren und dem­entspre­chend einen ziel­ge­rich­te­ten Ein­satz anti­mi­kro­biel­ler The­ra­pien zu ermög­li­chen. Auf­ge­baut ist er wie ein Fra­ge­bo­gen, bei dem die indi­vi­du­el­le Wund­si­tua­ti­on des Pati­en­ten auf­ge­nom­men und mit­tels eines Punk­te­sys­tems bewer­tet wird – ab drei Punk­ten besteht eine Indi­ka­ti­on für eine anti­mi­kro­biel­le The­ra­pie. Ent­wi­ckelt wur­de der W.A.R. Score von einem Exper­ten­gre­mi­um aus ins­ge­samt sechs Ländern.

Prof. Dr. Joa­chim Dis­se­mond refe­riert über den W.A.R. Score.

Vom Alltag einer Wundmanagerin…

Wie schwie­rig es jedes Mal ist, zu ent­schei­den, wel­che Wund­the­ra­pie die rich­ti­ge für den jewei­li­gen Pati­en­ten ist, weiß auch Ani­ta Mysor. Die frei­be­ruf­li­che, aka­de­mi­sche Wund­ma­na­ge­rin und Dozen­tin am Nie­der­rhein sowie in Ber­lin und Umge­bung hat den Sym­po­si­ums-Teil­neh­mern unver­blümt und greif­bar von ihren Her­aus­for­de­run­gen im All­tag der ambu­lan­ten Wund­ver­sor­gung berich­tet. Oft­mals erhal­te sie von ärzt­li­cher Sei­te zu schlich­te Infor­ma­tio­nen zur Wund­si­tua­ti­on der Pati­en­ten. Dabei benö­ti­ge sie eine ein­deu­ti­ge Dia­gno­se, um für eine adäqua­te Wund­be­hand­lung sor­gen zu kön­nen. Die Wund­ma­na­ge­rin ist hier­bei oft­mals auf sich allein gestellt, obwohl die Beur­tei­lung von Ursa­che und Aus­maß der Wun­de eigent­lich nicht pri­mär in ihrem Ver­ant­wor­tungs­be­reich liegt.

..und eines Pflegers in der Justizvollzugsanstalt

Dabei ist die rich­ti­ge The­ra­pie­wahl bei chro­ni­schen Wun­den enorm wich­tig. Nicht nur für eine erfolg­rei­che Wund­be­hand­lung, son­dern letzt­lich auch, um den Pati­en­ten ein Stück Lebens­qua­li­tät wie­der­ge­ben zu kön­nen, ist Björn Jäger, Wund­ex­per­te und Pfle­ger in der Jus­tiz­voll­zugs­an­stalt im ems­län­di­schen Lin­gen, überzeugt. 

Björn Jäger aus dem Vor­stand der ICW.

Gera­de Men­schen, die auf­grund von chro­nisch venö­ser Insuf­fi­zi­enz an Unter­schen­kel­ge­schwü­ren lei­den, müs­sen vie­le Ein­bu­ßen in ihrer Lebens­qua­li­tät machen. Durch die Schmer­zen, die psy­chi­sche Belas­tung, die Neben­wir­kun­gen der Schmerz­mit­tel sowie durch den oft star­ken Geruch der offe­nen Wun­de iso­lie­ren sich Betrof­fe­ne oft­mals zuse­hends aus dem akti­ven Leben. Um das zu ver­hin­dern, ist bei Men­schen mit einem Ulcus cru­ris veno­sum eine Kom­pres­si­ons­the­ra­pie unum­gäng­lich, beton­te Jäger in sei­nem Vor­trag. Mit­hil­fe der Kom­pres­si­ons­the­ra­pie ist es ihm schon häu­fig gelun­gen sei­nen Pati­en­ten Lebens­qua­li­tät zurück­zu­ge­ben – in sei­nem Fall als Pfle­ger in der Jus­tiz­voll­zugs­an­stalt oft­mals dro­gen­ab­hän­gi­ge Men­schen, die auf­grund des Dro­gen­kon­sums oder bei­spiels­wei­se wegen des Ver­suchs, ein Tat­too weg­zu­krat­zen, unter ent­spre­chen­den offe­nen Wun­den leiden.