Stand der Wundversorger: „Aussichtslos war gestern“
Welche Neuerungen hat das Heil- und Hilfsmittelversorgungsgesetz (HHVG) mit sich gebracht und wie gestaltet sich das Zusammenspiel zwischen Wundversorgern und Hausärzten? Um diese Fragen drehte sich das Symposium „Aussichtslos war gestern“ des vergangenen Interdisziplinären WundCongress (IWC) in Köln.
„Aussichtslos war gestern“ lautete der Titel des Satellitensymposiums der L+F‑Medizinprodukte im Rahmen des Interdisziplinären WundCongress (IWC), der am 29. November 2018 in den Kölner Sartory-Sälen stattfand. Rund 60 Besucher des IWC verfolgten im Raum „Jungfrau“ des dem Sartory benachbarten Mercure-Hotels den Referaten.
Bei der Veranstaltung ging es um die Neuerungen des Gesetzes zur Stärkung der Heil- und Hilfsmittelversorgung (HHVG), wozu Werner Sellmer, Fachapotheker für Klinische Pharmazie und Projektleiter „Wundmanagement“ in der Zentralapotheke der Asklepios-Kliniken Hamburg, seinen Vortrag hielt, sowie um das rechtssichere Zusammenspiel zwischen Wundmanagement und den verantwortlichen Hausärzten, wozu der Kölner Rechtsanwalt Hubert Klein referierte. Darüber hinaus ging Dr. Alexander Risse, Chefarzt des Diabeteszentrums an dem Klinikum Dortmund, auf die Problemstellung „Leibesinselschwund“ bei der Wundbehandlung – und hier insbesondere bei der Behandlung des Diabetischen Fußsyndroms (DFS) – ein.
Wundversorger haben einen schweren Stand in der medizinischen Praxis. Das liege vor allem daran, weil es beim Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) selbst keine oder kaum ausgebildete Wundversorger gebe, ist Sellmer überzeugt. „Stellen Sie sich ein Fußball-Länderspiel zweier hochkarätiger Teams vor – und der Schiedsrichter weiß nicht, was Abseits ist“, verglich er es. Der MDK urteile in der Wundbehandlung also mitunter über Sachen, die er selbst nicht komplett durchblicke.
Jüngstes Beispiel für die schwierige Rolle der Wundversorgung ist der Grabenkrieg zwischen dem Bundesgesundheitsministerium und dem Gemeinsamen Bundesausschuss (G‑BA), welche Wundauflagen in Zukunft erstattungsfähig sein sollen. So war laut eines Referentenentwurfs im Ministerium geplant, alle Wundversorgungsprodukte mit Zusatznutzen – etwa einer antimikrobiellen Wirkung – aus der Erstattungsliste zu streichen; die beiden Funktionen des Abdeckens und Aufsaugens von Exsudat genügten in der Wundpflege völlig. Derzeit ist der zukünftige Status der Erstattungsfähigkeit in der Schwebe – zum Glück bleibe es bis dahin bei der alten Regelung. Leider brachte auch eine Bundestags-Petition mit der Forderung, die Verbandsmittel mit Zusatznutzen in der Erstattung zu belassen, nur rund 3.000 Unterschriften ein. Im Verlauf des Streits sah sich die Initiative Chronische Wunden e.V. (ICW) sogar dem infamen Vorwurf ausgesetzt, ein industrienaher Zusammenschluss zu sein. Jedoch: „Aktuell werden alle Wundauflagen weiter bezahlt. Wer Ihnen etwas Anderes erzählt, hat keine Ahnung.“
Was das Zusammenspiel zwischen Pflegenden und Ärzten angeht, so sei es ein Trauerspiel, dass die Übertragung von ärztlichen Tätigkeiten an Pflegende in Deutschland noch nie richtig geregelt wurde“, so der Rechtsanwalt Hubert Klein. Auch die diesbezüglich einschlägige Heilkundeübertragungsrichtlinie, bereits Anfang 2012 vom Bundesgesundheitsministerium genehmigt, sei noch nicht offiziell – denn sie müsse erst noch erprobt werden, hieß es damals.
Während in der Praxis Tätigkeiten der Patientenversorgung – etwa das setzen von Injektionen und Infusionen – am laufenden Band von Ärzten an Pfleger delegiert werde, könne man sich damit leicht auf rechtlich dünnes Eis begeben, warnte Klein. Denn sowohl sozialrechtlich, ordnungsrechtlich, haftungs- und arbeitsrechtlich könne Ungemach drohen, komme ein Patient durch einen Eingriff zu Schaden, der durch eine nicht dazu befugte Person ausgeübt worden ist.
Besonders bekannt ist die Beweislastumkehr im Zivilprozess, die es unbedingt zu vermeiden gelte. „Wenn diese eintritt, haben Sie ihr dickstes Schutzschild im Prozess verloren – nämlich dass der Patient die Ursächlichkeit des Schadens beweisen muss.“ Als Faustregel könne gelten, dass die Art des Eingriffs nicht ausdrücklich ein persönliches Handeln des Arztes vorsehe; zudem solle man die objektive Gefährlichkeit der Maßnahme heranziehen. „Injektionen und Infusionen können delegiert werden, aber nur dann, wenn die ausführende Kraft auf die konkrete Substanz bezogen sachkundig und geschult ist“, so Klein. Wenn ein Wundexperte zu einer ärztlichen Behandlung herangezogen werde, müsse der Arzt das letzte Wort haben, der Wundmanager ist nur empfehlend tätig. Einen Prozess wegen Ärztehaftung, bei dem es um die Schuldzuweisung zwischen Arzt und Wundmanager ging, habe er so vor kurzem mit Glück gewonnen.